«ICH BIN EHER DER INDIVIDUALIST»
Der Zuger Architekt Enzo Cozza hat für die Zuger Genossenschaft GEWOBA die Liegenschaften beim Knopfliturm saniert. Warum er mit dem Resultat zufrieden ist und trotzdem nicht dort wohnen möchte.
Sie haben schon mehrere denkmalgeschützte Bauten saniert und brachten für dieses Projekt jene Expertise mit, welche für ein solches Unterfangen zwingend nötig ist. Wie sind Sie zu diesem Auftrag gekommen?
Unser Büro verfolgte schon länger, was die GEWOBA am Knopfliweg vorhat. Als dann ein Projekt vorlag, nahmen wir Kontakt mit der Bauherrschaft auf und meldeten Interesse an. Mit dem Umbau historischer Liegenschaften haben wir Erfahrung, sei es mitten in der Altstadt oder ausserhalb. Zudem befindet sich unser Büro an der Ägeristrasse und ist nur wenige Meter vom Knopfliturm entfernt. Kurze Wege sind immer ein Vorteil, vor allem, weil uns zusätzlich zur Ausführungsplanung die Bauleitung oblag.
Worin bestand der Reiz dieses Projekts?
Es handelt sich um eine sehr interessante Liegenschaft, denn sie ist direkt an der Stadtmauer gelegen. Mir war aber auch die Bauherrschaft sympathisch. Günstiger Wohnraum wird dringend benötigt. Als die Zusammenarbeit startete, lag bereits ein bewilligtes Bauprojekt vor. Darauf basierend ging es an die Umsetzung.
Das klingt komfortabel.
Es birgt auch ein gewisses Risiko, wenn man ein Projekt von einem anderen Büro übernimmt und nicht von Anfang an involviert ist. Man beisst sich dann unter Umständen die Zähne an Ideen aus, die auf dem Papier gut klingen, sich in der Realität dann aber plötzlich als sehr komplex erweisen. Doch wenn ich mir an einem Sachverhalt den Kopf zerbrechen muss, macht dies meinen Job letzlich auch spannend!
Konkret: Wo lagen die Knackpunkte?
Bei einer Atelierwohnung war die Küche ursprünglich im Erdgeschoss geplant. Doch in der Umsetzung zeichnete sich ab, dass dies aus Platzmangel gar nicht möglich war. Schliesslich siedelten wir alle Küchen im ersten Stock an. Ein weiterer Knackpunkt waren der Denkmal- und der
Brandschutz.
Die beiden Disziplinen kommen sich gerne in die Quere.
Das ist oft so. Der Brandschutz verlangte ein Treppenhaus nach Brandschutzvorschriften, was eine starke Veränderung der Baustruktur zur Folge gehabt hätte. Die Denkmalpflege wollte an der Struktur des ursprünglichen Treppenhauses festhalten.
Wer setzte sich durch?
Dank dem Pragmatismus des Brandschutzes hat man sich für den Erhalt des Treppenhauses entschieden, ohne jedoch den Brandschutz zu vernachlässigen. Derlei Prozesse brauchen Zeit. Auch ich verwerfe die eine oder andere Idee, die mal auf meinem Mist gewachsen ist. Ein wichtiges Thema war natürlich der Holzbau. Hier befanden wir uns teilweise auf unwegsamem Terrain. Einerseits mussten die Arbeiten, damit man eine Offerte erhielt, im Voraus definiert werden. Anderseits ist es fast nicht möglich, in einem Haus aus dem 19. Jahrhundert von Anfang an zu wissen, was an Arbeit auf die Zimmerleute zukommt. Erst die Sondierungen und der Rückbau von Schichten zeigen, welche Massnahmen nötig sind. Ein weiterer Knackpunkt war der Knopfliturm selber!
Sie sprechen das 500-jährige Wahrzeichen an, um das sich die beiden Häuser gruppieren.
Die sind tatsächlich direkt an den Turm gebaut. Umso heikler war es, dass sich die Sandsteinmauer teilweise in einem sehr schlechten Zustand befand und die Dachanschlüsse nicht mehr dicht waren. Es regnete zwischen dem Blech und dem schadhaften Stein durch. Da musste man schnell reagieren eine Lösung finden. Dank der guten Zusammenarbeit mit der Bürgergemeinde, der Eigentümerin des Turms, hat aber auch dies funktioniert.
Der Zeitplan konnte eingehalten werden?
Ja, die ersten Mieter sind Mitte Februar 2025 eingezogen. Die Bauherrschaft hat ordentlich Tempo gemacht. Bis vier Monate vor dem Einzug war allerdings noch immer nicht klar, welche Heizung das Haus erhalten soll. Geplant war eine Heizung mit Erdsonden. Aber das hat nicht funktioniert. Die Idee war, dass wir aus einer Tiefe von 200 Metern vier Löcher bohren, um von dort Wärme zu beziehen. Doch die erste Bohrung fallierte nach 100 Metern, die zweite bereits nach 70 Metern, was zum Abbruch der Erdsondenbohrungen führte. Also suchten wir nach Alternativen. Letztlich haben wir uns für eine Luftwasserwärmepumpe entschieden, die wir diskret in einen Holzschopf integrierten.
Es scheint, als brauche die Sanierung eines Altbaus besonders viel Nerven.
Trotzdem sollte man immer gelassen bleiben. Berufserfahrung hilft. Auch bei der Isolation bzw. Dämmung haben wir eine Kehrtwende vollzogen. Die Planung sah vor, die Häuser gegen aussen zu dämmen, um das Erscheinungsbild der Innenräume nicht zu beeinträchtigen. Doch das wäre technisch unglaublich aufwendig gewesen. Darum kam man wieder davon weg. Schliesslich entschied man sich für eine Innendämmung. Bei allen Diskussionen sah ich mich oftmals in der Rolle des Vermittlers zwischen Handwerkern, Behörden und Bauherrschaft.
Die Rolle behagt ihnen offenbar. Die Geschäftsleitung schwärmt von der Zusammenarbeit mit Ihnen.
Ich gebe das Kompliment gerne zurück. Ich kannte die Bauherrschaft vorher nicht. Trotzdem bestand von Anfang an ein grosses Vertrauen. Die Geschäftsführerin war immer parat, stand spontan und kurzfristig für Termine zur Verfügung, wenn es etwas Wichtiges zu besprechen gab. Zudem
wurde schnell entschieden. So kommt man voran und so macht es Spass! Auch der Austausch mit den Handwerkern war bereichernd: mit dem Holzbauer, Gipser, Maler, Dachdecker, Spengler, mit den Fachleuten aus Sanitär und Elektro.
Selber in einem genossenschaftlich organisierten Haus wie dem Knopfliweg zu wohnen – wäre das etwas für Sie?
In der gegenwärtigen Situation mit meiner fünfköpfigen Familie kommt das nicht infrage. Die Wohnungen wären zu klein. Wäre ich Single, nur mit einer Partnerin zusammen oder auch schon etwas älter, könnte ich mir das durchaus vorstellen. Leben im Baudenkmal – das hat seinen
Reiz! Gleichzeitig sind mir Freiraum und Rückzugsmöglichkeiten wichtig. Ich bin eher der Individualist.