PUBLIKATION

GGZ Jahresbericht

ZUSAMMENARBEIT

Benni Weiss (Fotos)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

1.4.2023

TAG FüR TAG DIE WELT ENTDECKEN

 

Das Angebot der neun KiBiZ-Kitas richtet sich nach den Bedürfnissen, Interessen und Potenzialen der Kinder und ist stark bildungsorientiert. Trotzdem kommen Spass und Kreativität im Alltag nicht zu kurz.

 

Es ist noch nicht lange her, da herrschte die Meinung vor, professionelle Kinderbetreuung in Kitas entspreche einer Art erweitertem Kinderhütedienst. Gerne wurde die familienergänzende Kinderbetreuung etwas abschätzig auch als «Auffangbecken» für Buben und Mädchen bezeichnet, denen das Privileg einer ausschliesslichen Betreuung durch Mama oder Papa zu Hause vergönnt war. «Sauber – Sicher – Satt» lautete eine oft kolportierte Devise, wenn es darum ging, die Bedürfnisse von Kindern in einer Trias auf einen Nenner zu bringen.


«Diese Zeiten sind vorbei», sagt Daniela Bär und führt stolz durch die Räumlichkeiten der KiBiZ-Kita «Stampfi» an der General-Guisan-Strasse 26 in Zug. Die 55-jährige Kitaleiterin schätzt sich glücklich, dass die familienergänzende Kinderbetreuung – auch im gesellschaftspolitischen Diskurs – mittlerweile jenen Stellenwert erlangt hat, der ihr gebührt. Wir sprechen von professionell geführten Institutionen mit qualifiziertem Fachpersonal, bedarfsgerechter Infrastruktur und vielseitigen Angeboten, die sich an den Interessen, Potenzialen und Bedürfnissen der Kinder orientieren. Nicht «Sauber – Sicher – Satt» lautet das Motto, sondern «Bilden – Erziehen – Betreuen»; und dies an allen neun Kita-Standorten, die KiBiZ seit 2022 als Institution der GGZ in Zug, Oberwil und Baar führt. Insgesamt 280 Plätze stehen zur Verfügung. Betreut werden rund 400 Kinder, die das Angebot zwischen zwei und fünf Tagen pro Woche beanspruchen. Aufgenommen werden Babys ab 4 Monaten und Kinder bis und mit Kindergarten. Die Tarife sind einkommensabhängig.


«Der pädagogische Auftrag geht einher mit liebevoller Betreuung und positiver Hinwendung, die auf die Stärken und Kompetenzen der Kinder fokussiert», erzählt Daniela Bär und erläutert auf dem Rundgang durch die Kita, was das bedeutet. Hier wird nicht einfach gespielt, sondern in klug konzipierten Nischen, Aufenthaltsräumen und auf Kreativität ausgerichteten Werkstätten spielend gelernt, konstruiert, entdeckt und geforscht. Gesang und Musik, Rhythmik und Tanz, Gesundheit und Ernährung, Kunst und Kultur, Technik und Sprache – es gibt kaum einen Themenbereich, mit welchem KiBiZ-Kinder im Laufe ihrer Kita-Karriere nicht altersgerecht in Berührung kommen, wobei das Aneignen von Fertigkeiten und Fähigkeiten alles andere als forciert geschieht, sondern eher beiläufig als Folge der natürlichen kindlichen Neugier – dem Motor jeglicher Entwicklung. «Kinder sind von Geburt an lernende Wesen, sie interessieren sich, was in ihrer Umgebung passiert und möchten verstehen, warum das so ist», so Daniela Bär. «Da knüpfen wir an und holen wir sie ab.»


Daniela Bär spricht das 1997 entwickelte und in sämtlichen KiBiZ-Kitas angewendete Infans-Konzept an, bei welchem vielseitige Bildungsangebote, intensive Beobachtung der Kinder und die Dokumentation ihrer Aktivitäten als Basis für die individuelle frühkindliche Förderung dienen. Die Idee dahinter: Das Kind selber signalisiert seiner Aussenwelt durch sein Spiel, in welche Richtung es lernen, seine Talente entfalten und sein Wissen erweitern will. Hat das Kind Freude am Experimentieren mit Farbe und Wasser, ist es Fan vom Geschicklichkeitsparcours im Garten, vertieft es sich gerne beim Malen und Basteln oder begeistert es sich für Rollenspiele, Geschichten, Theater? Der individuelle Bildungsweg jedes Kindes wird in Wort und Bild in einem Portfolio dokumentiert. Dieses dient als Grundlage für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Eltern und als Instrument der Qualitätssicherung. «Die Portfolios sind für das Betreuungsteam von hohem Wert und werden rege diskutiert. Sie sind hilfreich, um die Entwicklung eines Kindes ideal zu begleiten, aber auch die pädagogische Arbeit zu hinterfragen», betont Daniela Bär, der die Begeisterung für ihre Arbeit ins Gesicht geschrieben ist – auch nach 27 Jahren Führungsfunktion bei KiBiZ.


«Das ist kein normaler Job, es ist meine Passion, zusammen mit einem motivierten Team und in einem partizipativen Klima für die Kinder ein gutes Umfeld zu schaffen, in dem sie sich sicher, akzeptiert und gut aufgehoben fühlen.» Man könne so viel Positives bewirken und bewegen, ist sie überzeugt. Nebenbei doziert die erfahrene Pädagogin und Erwachsenenbildnerin als Dozentin an der Höheren Fachschule für Kindheitspädagogik Zug «ARTISET Bildung» und gibt dort ihr Wissen an junge Berufsleute weiter. Trotz dem herausfordernden Fachkräftemangel in der Branche gelingt es KiBiZ weitestgehend, genügend qualifiziertes Personal zu finden. Die Fluktuation ist verhältnismässig gering, was sich wiederum positiv auf das Kindswohl auswirkt. Die rund 45 «Stampfi»-Kinder können zu den pädagogischen Fachkräften – auch vier Männer gehören zum Team – eine vertrauensvolle Beziehung aufbauen. Für viele ist das «Stampfi» wie eine zweite Familie.


Dass der Auftrag der Kitas sich im Laufe der letzten zwanzig Jahre stark verändert hat und ihnen als Bildungsinstitution eine immer höhere Bedeutung zukommt, entnimmt man nicht nur dem politischen Diskurs. Man ist sich dessen auch bei KiBiZ bewusst. Vor allem für Kinder mit Migrationshintergrund oder aus bildungsfernen Schichten stellt die externe Betreuung mit gezielter Bildung und guten Strukturen eine riesige Chance dar. Wo sonst, wenn nicht hier, können Kinder in familiärer Atmosphäre und naturnaher Umgebung so viel entdecken und experimentieren, Spass haben und Freundschaften schliessen, aber gleichzeitig auch lernen zu streiten und Konflikte auf eine konstruktive Art auszutragen? Die konsequente Deutschsprachigkeit im KiBiZ-Kita-Alltag ist ein weiterer Punkt, von welchem insbesondere Kleinkinder aus fremdsprachigen Familien enorm profitieren.


Es ist jetzt halb zwölf und riecht nach Mittagessen: Couscous, Sellerie, grüner Salat und Panna Cotta mit Beeren stehen auf dem Menüplan, und den vielen in ihre Aktivitäten vertieften Kindern dürfte nun langsam aber sicher der Magen knurren. Schon bald strömen auch die älteren Kindergartenkinder ins «Stampfi», um hier mit ihren jüngeren Kameradinnen und Kameraden die Mittagspause und den Nachmittag zu verbringen. «Hier möchte man selber nochmals Kind sein», ist ein oft gehörter Satz von Eltern, die ihre Kinder den KiBiZ-Kitas anvertrauen. Ein grösseres Kompliment kann sich eine Institution nicht wünschen.