PUBLIKATION

Magazin Andante

ZUSAMMENARBEIT

Severin Jakob (Foto)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

1.5.2023

AM LIEBSTEN AUF DEM GABELSTAPLER

 

Remo Walter arbeitet trotz Beeinträchtigung in einem Teilzeitpensum bei der TIT Imhof AG im Entsorgungszentrum Stein am Rhein. Diese bietet dem 31-Jährigen eine Beschäftigung, die perfekt auf ihn zugeschnitten ist.

 

Das Scheppern und Rumpeln aus der Recyclinghalle lässt keinen Zweifel: Im Entsorgungszentrum Stein am Rhein herrscht frühmorgens Hochbetrieb. An einer speziellen Maschine, deren Container mit Weissblech, Stahlblech und Aluminium gefüllt ist, ist auch der 30-jährige Remo Walter beschäftigt. Er wartet, bis der Magnetabscheider alles Blech vom Aluminium getrennt hat und stellt sich dann ans Förderband, wo alles Nichtmagnetische landet. Remo sortiert von Hand aus, was hier nichts zu suchen hat: Teflonpfannen, Abtrocksiebe, Senftuben, Erdnussdosen, Chipstüten. «Die Leute werfen alles Mögliche in die Mulde. Sie studieren nicht immer viel dabei», kommentiert er kopfschüttelnd. Dann zeigt er auf eine metallene italienische Espressomaschine, die ebenfalls «aus Versehen» in der Tonne gelandet ist. Alteisen sei nicht das Gleiche wie Aluminium, betont Remo. Er gibt gerne Auskunft, ist ganz in seinem Element.

 

Seit bald zehn Jahren arbeitet der gebürtige Ostschweizer bei der TIT Imhof AG. Aufgrund einer kognitiven Beeinträchtigung, mit der Remo geboren ist, war er schon immer auf spezielle Bildungsangebote angewiesen und bei der Berufswahl als Teenager eingeschränkt. Sein grösster Wunsch: trotz gewisser Verständigungsprobleme und Lernschwierigkeiten eine sinnvolle Tätigkeit finden. Entsprechend hat ihn die Stiftung andante nach einer internen Berufsausbildung bei der Stellensuche im ersten Arbeitsmarkt unterstützt und ist bei der TIT Imhof AG fündig geworden. Die 50-Prozent-Anstellung im Entsorgungs- und Recyclingbetrieb ist wie für Remo geschaffen. Wenn er nicht an der Blechsortieranlage beschäftigt ist, entfernt er Kabel und Akkus beim Elektroschrott oder reinigt die Hallen mit einer fahrenden Putzmaschine. Jeden Monat rapportiert er seine Arbeitsstunden und erhält entsprechend Lohn. Die restlichen 50 Prozent ist Remo in den Werkstätten von andante beschäftigt, vorwiegend in der Schreinerei.

 

Am liebsten ist er bei TIT Imhof AG mit dem Gabelstapler unterwegs. Auf diese Kompetenz ist er zu Recht besonders stolz und sie kommt der Firma zugute. Um fachgerecht zu manövrieren, Lasten zu heben und Boxen zu kippen, musste Remo Walter allerdings viel üben, Theorie lernen, einen Kurs besuchen und eine Prüfung absolvieren, die er mit Bravour bestanden hat. Stolz präsentiert Remo den Instruktionsnachweis, der ihn offiziell zum Gabelstapelfahren in der Metallhalle befähigt, und gibt dann sogleich eine Kostprobe seines Könnens.

 

Remo besteigt die Fahrerkabine, macht es sich auf dem Sitz bequem, legt den Sicherheitsgurt an, fasst ans Lenkrad, stellt die Füsse aufs Pedal, betätigt den Fahrtrichtungsschalter, stellt den Motor an und setzt die Hydraulik in Gang. Sichtlich geübt hievt er einen Container auf die Gabel, befördert ihn im Schritttempo durch die Halle, stellt ihn am Zielort sorgfältig wieder ab und parkiert das Fahrzeug an geeigneter Stelle. «Mittlerweile fühle ich mich sicher auf dem Stapler», berichtet er. «Wichtig ist, dass ich mich zu 100 Prozent konzentriere.»

 

Bei der TIT Imhof AG herrscht nie Langeweile und das Arbeitsklima ist gut! Aus den Lautsprechern ertönt schmissige Popmusik von Radio 7. «Mein Lieblingssender», erzählt Remo. Tatsächlich wäre der Lärmpegel in der riesigen Entsorgungshalle auch ohne Begleitmusik aus dem Radio hoch genug, «aber so macht mir die Arbeit noch mehr Spass.»

 

Bald ist Mittag und Remo fährt mit seinem Töffli zurück in die Wohngemeinschaft nach Eschenz, wo das Mittagessen wartet. Er spürt, dass er im Team der TIT Imhof AG geschätzt wird, und freut sich schon jetzt auf den nächsten Arbeitstag. «Ohne mich geht hier gar nichts», meint er durchaus selbstironisch und grinst