PUBLIKATION

Stadtmagazin

ZUSAMMENARBEIT

Stefan Kaiser (Foto)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

1.7.2023

BIOLOGISCH PATRIOTISCH

 

Daniel Weiss vom Hof Mittelmatt über die Besonderheit des Urdinkels und den Grund für seinen Patriotismus.

 

Getreidefelder auf 900 Metern über Meer – das überrascht! Wie kommt es, dass du auf dem Zugerberg Weizen, Hafer und Dinkel anpflanzt?


Im Jahre 2014 stellten wir von Milchwirtschaft auf biologische Landwirtschaft und Mutterkuhhaltung um. Wir reduzierten den Tierbestand, damit mehr Fläche für Getreide zur Verfügung steht. Vor allem Ur-Dinkel ist im Bereich Bio ein gefragtes Produkt und liegt im Trend. Denn er ist aufgrund seines tiefen Glutenanteils oftmals auch für Leute mit einer Glutenallergie verträglich. Ein weiterer Vorteil: Beim Dreschen des Dinkels – also wenn der Kern aus der Ähre herausgelöst wird – bleibt Stroh übrig. Damit kann ich im Stall das «Bett» der Kälber einstreuen. Seit ich das mache, muss ich kein Stroh mehr hinzukaufen. Eingekauftes Stroh kommt oft aus dem Ausland. Und das entspricht nicht unserer Philosophie.


Seit Kurzem betreibt ihr ein «Hofstübli», wo man einkehren, Feste feiern und Versammlungen abhalten kann. Wie bewährt sich der Gastrobetrieb?


Die Feuertaufe haben wir bestanden. Unser erster Anlass war die GV des Paradeltaclubs Zug. Die fand im letzten Dezember statt. Seither gab es weitere Veranstaltungen. Die Mund-zu-Mund Propaganda funktioniert. Die Planung und Realisierung des Hofstübli war aber ein Kraftakt und zog sich über Jahre hinweg, da ein solches Projekt in der Landwirtschaftszone mit den Behörden gut besprochen sein will und das Bewilligungsverfahren recht komplex ist. Mit dem Resultat sind wir nun aber sehr zufrieden. Das Stübli macht umso mehr Freude, weil wir mit tollen Handwerkern zusammenarbeiten durften und auch selbst mitangepackt haben. Der Raum ist hell und geräumig, hat aber auch Charme, da wir die originalen Dachbalken aus dem alten Schopf wiederverwendet haben. Platz hat es für rund 50 Personen.


Beeindruckend ist euer Hofladen, wo man nicht nur Mehl und Teigwaren, Frischund Trockenfleisch, Süssmost und Sirup findet, sondern auch Kerne und Flocken des seltenen Nackthafers.

 

Der Hofladen entstand, weil die Nachfrage nach unseren Produkten immer grösser wurde. Auf den Nackthafer werden wir häufig angesprochen, denn er wird eher selten angebaut, ist aber sehr gut verdaulich und ein wichtiger Proteinlieferant. Nackthafer heisst er, weil die Spelze – also die Hülse des Korns – beim Dreschen vollständig abfällt.

 

Ihr seid der einzige Bio-Bauernhof auf dem Zugerberg. Ökologie liegt dir am Herzen?


Ja, unsere landwirtschaftlichen Produkte entsprechen strengen biologischen Kriterien. Abnehmer sind Coop, Landi, Volg und weitere Geschäfte aus dem Kanton Zug. Dank der Mitgliedschaft in der IG Bio Zugerland und einer professionellen Vermarktung finden unsere Produkte auch immer genügend Abnehmer. Das Motto ist simpel und lautet: «bio + regional = klimaoptimal». Durch den hohen Anteil an Pflanzenkohle, die wir auf dem Hof einsetzen, können wir nahezu klimaneutral Rindfleisch produzieren.


Von den Wasserbüffeln, die etwas oberhalb eures Hofes in der Nähe des Gleitschirmplatzes weiden, haben wir noch gar nicht gesprochen.


Stimmt! Die gehören aber nicht mir, sondern einem Bauern aus Rotkreuz und geniessen bei mir Gastrecht. Das heisst: Ich kümmere mich um deren Aufzucht und der Eigentümer produziert aus der Büffelmilch Mozzarella und Joghurt – natürlich bio! Was viele nicht wissen: Die behornten Tiere mit ihrem dunkelschwarzen Fell sind nicht einfach nur schön anzusehen, sondern auch ziemlich wertvoll. So ein Büffel kann gut und gerne einen Wert von bis zu 8000 Franken haben.


Und was hat es mit der grossen Zuger Fahne auf sich, die bei euch an der Fassade hängt – bist du Lokalpatriot?


Ja, das bin ich. Das wurde ich, als ich mit 16 Jahren in der Westschweiz mein erstes Jahr der landwirtschaftlichen Lehre absolvierte. Im Waadtland hatte es noch andere Deutschschweizer, doch ich war der einzige Zuger und musste mir oft Sprüche anhören, wie: «Ach, im Kanton Zug gibt es tatsächlich noch Bauern? Das ist doch nur noch ein Finanzplatz!». Ich ärgerte mich und klärte die Leute auf, dass es in unserem Kanton sehr wohl noch Bauern gibt: nämlich um die 500 Betriebe. Beim Aufräumen fand ich dann eines Tages eher zufällig eine Zuger Fahne und hängte sie an die Fassade. Denn unsere Vorfahren sind Ur-Zuger, schon seit 1712 auf dem Berg und darauf sind wir stolz. Die Fahne, die jetzt an der Fassade hängt, ist aber schon das dritte Modell, denn Wind und Regen setzen dem Stoff arg zu. Die Leute haben Freude an der Fahne. Dies merken wir ganz besonders am 1. August, wenn wir jeweils den Bure-Brunch organisieren.

 

ZUR PERSON


Daniel Weiss, Jg. 1987, bewirtschaftet mit seiner Frau Rebekka den Hof Mittelmatt, den einzigen Biobetrieb auf dem Zugerberg. Zur Verfügung stehen 25,5 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche. Der grösste Anteil dient der Graswirtschaft für 20 Mutterkühe und ihre Kälber, hinzu kommen Flächen für den Anbau von Weizen, Ur-Dinkel und Nackthafer. Weiss kümmert sich zudem um die Aufzucht von 10 Wasserbüffeln, aus deren Milch Mozzarella und Joghurt produziert wird. Zudem pflegt er die Hochstammtradition und stellt einen Teil seines Pachtlandes den Gleitschirmfliegern als Startplatz zur Verfügung.