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Stadtmagazin

ZUSAMMENARBEIT

Stefan Kaiser (Fotos)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

11.11.2022

HEIMISCH HOLZ - JA... ABER!

 

Im Zuger Wald wird pro Hektare jedes Jahr knapp 10 Kubikmeter Holz geerntet. Je nach Gattung wird dieses für die Energienutzung, die Industrie oder den Bau verwendet. Der Regionalität sind aufgrund des internationalen Holzmarktes aber Grenzen gesetzt.

 

«Aus der Region, für die Region» - gilt, was für Zwetschgen, Kirschen und Äpfel funktioniert, auch für die Zuger Holzwirtschaft?
Ruedi Bachmann: Es kommt darauf an, von welcher Produktegruppe wir sprechen: von Energieholz, das für die Gewinnung von Wärme genutzt wird, von Industrieholz, das für Papier, Faser- und Spanplatten verwendet wird, oder von Stammholz, das für die Herstellung von Brettern, Balken, Latten oder Furnier gebraucht wird. Beim Energieholz sind wir sehr lokal unterwegs. Das Hertizentrum, das Institut Montana, die Schulen St. Michael inklusive pädagogischer Hochschule werden mit Schnitzelheizung gewärmt, die mit Holz aus dem Zuger Wald bestückt ist. In Menzingen steht eine grosse, von den WWZ betriebene Anlage, die ebenfalls mit Holz aus dem Zuger Wald läuft. Seit wenigen Tagen produziert die Korporation Zug in einem speziellen Ofen bei ihrem Werkhof auf dem Zugerberg beim vorderen Geissboden zudem ihre eigene Grillkohle, die demnächst auf den Markt kommt. Im Bereich Industrieholz werden die Papierfabrik Perlen und ein Werk in Menznau (LU) mit Zuger Holz beliefert, woraus Papier, Faser- und Spanplatten produziert werden. Auch hier gilt das Motto: aus der Region für die Region.


Aber die Chance, dass ein Zuger Gebäude tatsächlich oder gar ausschliesslich aus Zuger Holz gebaut ist, ist eher gering?
Zug als kleinster Vollkanton bedeckt gerade einmal 0,57 Prozent der Fläche unseres Landes. Daraus wird ersichtlich, dass der Anteil Zuger Holz am Rundholzmarkt verschwindend klein ist. Notgedrungen erfolgt die Holzbeschaffung der Schreinereien und Zimmereien ausserkantonal oder im grenznahen Ausland. Wald Zug hat aber wichtige lokale Partner, die das Zuger Holz weiterverarbeiten, so etwa die Sägerei Schilliger in Haltikon (SZ), Tschopp Holzindustrie in Buttisholz (LU) und die Sägerei Fischlin im Steinerberg und weitere. Wenn eine Bauherrschaft für ein Projekt Schweizer oder gar Zuger Holz will, muss sie das entsprechend in Auftrag geben. Und zwar rechtzeitig! Auch ein Wettbewerb oder eine Ausschreibung müsste dann entsprechend formuliert sein. Denn entscheidend ist der Faktor Zeit. Wenn man mit dem eigenen, hiesigen Holz bauen will, benötigt der lokale Hersteller – im Kanton Zug ist das der Verband der Waldeigentümer «Wald Zug» – ein bis zwei Jahre Vorlaufzeit, damit das Holz rechtzeitig gefällt, getrocknet und verarbeitet werden kann. Man muss zudem auch bereit sein, einen höheren Preis für das Holz zu zahlen. Für die Sheddach-Aufstockung des Zephyr Hangar der V-Zug und die Holzbauten auf dem Golfpark Holzhäusern kam beispielsweise auch Zuger Holz zum Einsatz. Nicht ausschliesslich, aber unter anderem. Dies lässt sich deshalb mit Sicherheit sagen, weil beide Projekte von einem Innerschweizer Holzbauer realisiert wurden, der ein grosser Abnehmer von Zuger Holz ist. Gleiches gilt für sämtliche Schweizer Landi-Bauten. Auch für diese wird Zuger Holz verbaut.

 

Beim Zuger «Guggi» entsteht derzeit ein Mehrfamilienhaus aus Zuger Nadelholz. Sind Sie da als Vertreter des Waldwirtschaftsverbandes automatisch involviert?
Ja, das Projekt ist mir bekannt. Bei diesem Haus wird das Holz sogar leimfrei verbaut. Und auch hier muss man sagen: möglich ist die Verwendung von Zuger Holz in diesem Fall nur, weil der Bauherr das so gewünscht hat und die Holzbaufirma dies von Anfang an so geplant hat. Die Firma nahm mit «Wald Zug» Kontakt auf und diese besorgte und lieferte das Holz. Die Bauherrschaft hat nun die Garantie, dass ihr Haus aus Zuger Holz gefertigt wird, präziser: aus Fichten- und Tannenholz, das in der Nähe des Zuger Alpli geschlagen wurde. Hierbei handelt es sich sogar um sogenanntes Mondholz. Es wird im Winter bei abnehmendem Mond an bestimmten Tagen geschlagen. Diesem Holz werden besondere Qualitäten hinsichtlich seiner Stabilität, Haltbarkeit, Feuerbeständigkeit, Härte und Widerstandsfähigkeit gegen Schädlinge nachgesagt.


Im Kanton Zug gab es früher ein Dutzend Sägereien, die für eine starke Wertschöpfungskette im Kanton sorgten. Heute gibt es keine einzige mehr.
Richtig, es existieren nur noch drei kleine Lohnsägereien: eine in Walchwil, eine in Menzingen und eine in Oberägeri. Die nehmen das Holz des Kunden entgegen, sägen es und händigen es wieder aus. Die Zeit der Gross-Sägereien ist in Zug schon seit Jahrzehnten vorbei. Warum? Weil der Boden für einen so landintensiven Betrieb viel zu teuer ist. Es gibt aber ausserkantonal sehr grosse und gute Sägereien, die mengenmässig aufrüsten und – so hoffe ich – dafür sorgen, dass eines Tages wieder das gesamte Schweizer Holz in der Schweiz gesägt werden kann und somit auch dieser Wertschöpfungsschritt lokal erfolgt. Gerade in der jetzigen Energiekrise wäre dies enorm wichtig. Denn mit jedem Baumstamm, der ins Ausland transportiert wird, geht auch ein Teil Energieholz ins Ausland; Energieholz, das wir hier bestens brauchen könnten.


Die Zuger Waldeigentümer vermarkten ihr Holz seit 2002 unter dem Dach von «Wald Zug» gemeinsam. Konnte der Absatz gesteigert werden?
Ja, deutlich! Und er hat sich auf hohem Niveau gehalten. Entstanden ist diese Idee aus einer Art Notsituation. Als im Jahr 1999 der Sturm Lothar übers Land fegte, vermochte der Markt gar nicht so viel Holz aufzunehmen. Also legte man im ganzen Kanton grosse Nasslager mit 90 000 Kubikmeter Sturmholz an und vermarktete das Holz aus diesem Pool gemeinsam. Mit dieser Strategie hatten die privaten und öffentlichen Waldbesitzer so gute Erfahrungen gemacht, dass man entschied, dabei zu bleiben. Der Vorteil: man wird auf dem Markt als ernstzunehmender Verhandlungspartner wahrgenommen. Rund zwei Drittel des gesamten Holzes, das im Kanton Zug geschlagen wird, wird heute über unsere Geschäftsstelle abgewickelt.


Wie war es denn vorher? Handelte jeder Waldbesitzer und Förster einzeln und individuell mit den Sägereien die Preise für sein Holz aus?
Ja, und das war äusserst zeitintensiv für beide Seiten. Zudem führte es, weil die Volumina kleiner und viele Waldbesitzer mit dem Geschäft des Holzmarktes kaum vertraut waren, zu tieferen Preisen. Heute haben die Sägereien, die Zuger Holz wollen, mit «Wald Zug» einen Ansprechpartner. Und beide Seiten profitieren von stabilen Geschäftsbeziehungen. Hinzu kommt, dass die Zuger Waldeigentümer sich auf ihre Kernkompetenz konzentrieren können und dank der professionellen Vermarktung durch «Wald Zug» in den Genuss von höheren Margen kommen.


Das Motto «Aus der Region, für die Region» hat nicht nur eine wertschöpferische, sondern auch eine emotionale Komponente. Zu einem Produkt, das aus der Nähe kommt, hat man einen stärkeren Bezug.
Das stimmt, nur lässt sich dieses Motto im Holzmarkt nicht so einfach umsetzen wie bei Zwetschgen und Äpfeln. Denn Holz ist ein frei handelbares, internationales Gut. Im Gegensatz zu landwirtschaftlichen Produkten kennt es keine Zollbeschränkungen. Es gibt kaum Handelshemmnisse, weder für den Holzimport noch für den -export. Dennoch wird immer wieder versucht, gezielt lokal geerntetes Holz für den Holzbau zu nutzen, was viele Leute erfreut und mit Stolz erfüllt: Beim Restaurant Hinter Geissboden und beim Gasthof Brunegg zum Beispiel hat sich die Korporation Zug als Bauherrschaft für eine Verschalung aus Zuger Douglasie entschieden. In der «Brunegg» kam für die Gaststube zusätzlich Zuger Chriesi-Holz zur Anwendung. Für das Wohnhaus Herti 6 – um ein weiteres Beispiel aus der Stadt Zug zu nennen – hat man sich für eine Schindelfassade aus Lärchenholz aus dem Zuger Wald entschieden. Möglich war aber auch dies nur dank vorausschauender Planung.


Wie sieht es mit der Holznutzung aus? Im Wald soll gemäss dem Prinzip der Nachhaltigkeit nur so viel Holz geerntet werden, wie auch wieder nachwächst; also nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig.
Der Kanton Zug weist bei der Holznutzung einen sehr guten Wert auf, und ist – da Holz der einzig nachwachsende Rohstoff ist und pro Kubikmeter rund eine Tonne CO2 bindet – entsprechend nachhaltig unterwegs. Pro Hektar Wald ernten wir knapp – 10 Kubikmeter Holz pro Jahr, stellen also sicher, dass diese nachhaltige Ressource Holz genutzt wird und gleichzeitig der Wald nicht überaltert und vital bleibt.


ENDE LAUFTEXT


DER ZUGER WALD LIEFERT HOLZ – FÜR BRETTER, BALKEN, PELLETS, KOHLE, KARTON UND PAPIER
Im Kanton Zug gibt es keinen reinen Nutzwald. Holz fällt bei der Pflege aller Waldarten an, egal, ob es sich um Schutzwald, Erholungswald oder um Flächen handelt, auf denen die Biodiversität im Zentrum steht.

 

Damit die Wälder nicht verdunkeln, sollte grundsätzlich der Zuwachs von 68 000 Kubikmetern abgeschöpft werden. Dieses Ziel konnte jedoch unter anderem wegen der tiefen Holzpreise in den letzten Jahren nicht erreicht werden. Im Jahre 2020 betrug die Holznutzung im Zuger Wald – bei einer produktiven Waldfläche von 6380 Hektaren – knapp 57000 Kubikmeter. Von den jährlich geernteten 50000 bis 60000 Kubikmeter Holz entfallen zwei Drittel auf Nadelund ein Drittel auf Laubholz. In der Statistik der Holzernte hinterliessen die Stürme Vivian (1990), Lothar (1999) und Burglind (2018) deutliche Spuren. Nach allen Ereignissen wurde besonders viel Holz geerntet.


Rund 50 Prozent des Zuger Holzes wird als Stammholz verarbeitet (z. B. für Bretter, Balken, Latten, Furnier), rund 40 Prozent als Energieholz (z. B. für Stückholz, Schnitzel, Pellets). Der Rest wird zu Industrieholz und findet unter anderem in der Zellstoff- und Zellulosefaserindustrie für die Herstellung von Papier, Faserund Spanplatten Verwendung.