PUBLIKATION

GGZ Jahresbericht

ZUSAMMENARBEIT

Daniela Kienzler (Fotografie)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

1.4.2021

KAMPF GEGEN KEIME

 

Nadja Wyss, 30, stand durch die Pandemie als Fachfrau Infektionsprävention in der Klinik Adelheid plötzlich im Fokus des Geschehens – eine strenge, aber auch lehrreiche Zeit, die sie nicht missen möchte.

 

Erneut wurde die Klink Adelheid 2020 mit dem Swiss Arbeitgeber Award ausgezeichnet. Ist es ein Privileg, hier zu arbeiten?

Absolut. Angefangen habe ich hier im Alter von 20 Jahren als Fachfrau Gesundheit. Ich hatte einen befristeten Vertrag, wollte Geld verdienen für eine bevorstehende dreimonatige Reise und dann spontan schauen, wie es beruflich weitergeht. Doch die Klinik motivierte mich, nach der Reise zurück ins Adelheid zu kommen und berufsbegleitend an der höheren Fachschule die Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau HF zu absolvieren. Als ich auch dieses Diplom in der Tasche hatte, startete ich die Weiterbildung als Fachexpertin Infektionsprävention. Man sieht: von meinem Arbeitgeber wurde ich immer gefördert. Jetzt bin ich seit zehn Jahren hier und es gefällt mir noch immer bestens.

Es gibt Patienten, die erleiden während einer Hospitalisation oder eines Klinikaufenthalts eine Infektion. Was kann Prävention hier leisten?
Primär geht es darum, in den Gesundheitsinstitutionen Infektionen zu erkennen und zu bekämpfen und entsprechende Massnahmen zu ergreifen. Dabei stellen sich wichtig Fragen: Benutzen wir die richtigen Desinfektionsmittel? Werden diese korrekt angewendet? Das Personal wird laufend geschult, und man überprüft, ob die geltenden Massnahmen wie Händehygiene und Flächendesinfektion auch tatsächlich regelkonform angewendet werden. Der Punkt ist: Eine Pflegefachperson betreut nicht nur einen Patienten, sie geht von Zimmer zu Zimmer, und da ist es – selbst wenn sehr gute Hygienekonzepte existieren – leider trotzdem möglich, dass es zu Ansteckungen mit Krankheitserregern wie Bakterien, Viren oder anderen Mikroorganismen kommt.

 

Wie stark hat die Corona-Pandemie Ihre Arbeit beeinflusst?
Sehr stark. Durch die aussergewöhnliche Situation stand ich als Expertin plötzlich im Mittelpunkt des Geschehens und trug viel Verantwortung. Das Personal kontaktierte mich regelmässig mit neuen Fragen und wollte Informationen und Anweisungen, um auch sicher alles richtig zu machen. Ich selbst stand in ständigem Kontakt mit dem Zuger Kantonsspital und tauschte mich mit den dortigen Fachleuten aus. Zeitweise war ich in der Infektionsprävention so sehr beschäftigt, dass ich keine Kapazität mehr hatte, gleichzeitig auch noch meine Aufgaben in der Pflege wahrzunehmen. Entsprechend flexibel reagierten meine Vorgesetzten und planten mich für ein paar Monate nicht mehr in der Pflege ein.

 

Die Belastung des Pflegepersonals im Gesundheitswesen ist derzeit ein grosses Thema. Auf den Balkonen wurde laut für Sie geklatscht ...
Die Situation war vor allem im Frühling herausfordernd. Gleichzeitig spürte man von der Klinikleitung viel Wertschätzung in Bezug auf unsere Arbeit. Als Team hielten wir zusammen und unterstützten uns stationsübergreifend. Wenn es schwierige Situationen gab, packten alle mit an und suchten gemeinsam nach Lösungen. Darum möchte ich diese anstrengende Zeit nicht missen. Abgesehen davon habe ich dank der Pandemie unglaublich viel gelernt.

 

In welchem gesundheitlichen Zustand befinden sich die COVID-Patienten, wenn sie vom Akutspital in die Rehaklinik wechseln?
Viele haben Probleme mit der Atmung und leiden an Müdigkeit. Manche sind auch auf Sauerstoff angewiesen. Patienten, die zuvor intubiert waren, bei denen also ein Beatmungsschlauch über Mund oder via Tracheostoma in die Luftröhre gelegt wurde, müssen das Schlucken wieder lernen. Wenn sie zuvor im Spital lange bettlägerig waren, erhalten sie bei uns spezielle Therapien für Muskelaufbau und Ausdauer. Insgesamt sind die Patienten sehr gefordert, denn sie leiden meistens zusätzlich an Vorerkrankungen wie Diabetes, Krebs, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf- oder Atemwegserkrankungen.

 

Sind die COVID-Patienten, wenn Sie in die Klinik kommen, noch infektiös?
Dies in Erfahrung zu bringen, ist eine meiner Aufgaben. Wenn die Akutspitäler die COVID-Patienten bei uns anmelden, kläre ich ab, ob der Patient noch isoliert werden muss, und wenn ja, für wie lange. Entsprechend informiere ich die Bettendisposition, die dafür sorgt, dass ein geeignetes Zimmer zur Verfügung steht. Ist der Patient nicht mehr ansteckend, braucht es im Umgang mit ihm keine Schutzausrüstung. Ist er noch ansteckend, kommt er in ein Isolierzimmer und das Personal schützt sich vor einer Kontamination mit einer Schutzausrüstung. Diese besteht aus Mund- und Nasenschutz, knielangem Schutzkittel und Brille. Wichtig ist auch, dass das Zimmer regelmässig gelüftet wird. Doch das Tragen der Schutzausrüstung und der Aufenthalt in Isolierzimmern sind für uns nichts Neues. Das kennen wir vom Umgang mit multiresistenten Keimen, beispielsweise Darmbakterien. Auch hier muss das Personal schauen, dass diese Keime nicht auf andere Patienten mit einem schwachen Immunsystem übertragen werden.

 

Was haben Sie für Zukunftspläne – steht wieder eine längere Reise an?
Im Moment ist nichts geplant, da es ja aufgrund der COVID-19-Situation auch keinen Sinn machen würde. Zurzeit konzentriere ich mich voll und ganz auf meine Abschlussprüfung zur Fachexpertin Infektionsprävention an der Schule H+ in Aarau. Im kommenden Monat schliesse ich das fünfte und letzte Modul ab, danach schreibe ich meine Diplomarbeit und absolviere die Abschlussprüfung. Wenn dies alles vorbei ist, kann ich vielleicht wieder ans Reisen denk