PUBLIKATION

Kundenmagazin Credit Suisse

ZUSAMMENARBEIT

Heidi Ambiel (Fotografie)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

9.8.2006

BENCHMARK BANKNOTE

 

Augenschein bei der Orell Füssli Sicherheitsdruck AG an der Dietzingerstrasse 3 in Zürich, wo jährlich 600 Millionen Banknoten gedruckt werden.

 

Die ernüchternde Antwort auf die verheissungsvolle Frage nach der perfekten Banknote kommt wie aus der Pistole geschossen: «Gibt es nicht», sagt John Coleman, Managing Director bei der Orell Füssli Sicherheitsdruck AG (OFS) und verantwortlich für die Herstellung der Schweizer Banknoten. «Aber die nahezu perfekte», fügt er an, fischt ein 20-er-Nötli aus seiner Hosentasche und legt es auf den Tisch. Wer sich auch nur ein bisschen mit den Sicherheitsmerkmalen einer helvetischen Note vertraut mache, könne schnell nachvollziehen, warum unser Geld zum fälschungsresistenten der Welt gehöre.

 

Da ist beispielsweise das Kinegram, die in der Mitte platzierte silberglänzende «Tanzzahl», auf welcher sich die Zahl des Notenwertes scheinbar bewegt und die so genannte Zauberziffer, die in transparenter Farbe schimmert. Die Zahl im Kupferdruck wiederum hinterlässt beim Abreiben auf Papier deutlich Spuren. Von blossem Auge kaum sichtbar ist die so genannte Outline-Ziffer: eine fein gezeichnete, bloss in Umrissen wiedergegebene weisse Zahl. Die Chamäleonzahl wiederum wechselt dank der Optically Variable Ink (OVI) je nach Lichteinfallswinkel die Farbe. Nur unter zu Hilfenahme einer Ultraviolett-Lampe ist schliesslich die fluoreszierende UV-Ziffer zu sehen und bei leichter Bewegung glimmert keck die Glitzerzahl. Linienstrukturen, Kipp-Effekt, Blindenzeichen, Silhouettenkreuz, Sicherheitsfaden, Seriennummer, Mikrotext und Wasserzeichenzahl- und Porträt sind weitere, filigrane Merkmale, welche die helvetischen Noten laut Coleman, weltweit zu einer benchmark machen. Besonders stolz ist man bei der OFS AG auf die selbst entwickelte Microperf, eine Laserperforierung, die den Wert der Note in gelöcherter Form wiedergibt.

 

100 Millionen Banknoten lässt die Schweizerische Nationalbank als verfassungsrechtlich bestimmte Auftraggeberin jährlich bei OFS drucken. Insgesamt aber beträgt der jährliche Output 600 Millionen Stück. Denn die OFS AG stellt aufgrund ihrer Topreputation auch Papiergeld für 15 weitere europäische, afrikanische und asiatische Länder her. Wer das Glück hat, einen höchst selten gewährten Blick in die monetäre Druckerei an der Dietzingerstrasse 3 zu erhaschen und zu beobachten, wie 7 Millionen teure Druckmaschinen Tonnen von Geld produzieren, dem wird gewahr: Sämtliche Währungen repräsentieren in ihrer faszinierender Individualität eine gemeinsame Symbiose aus Präzision, Hightech und Ästhetik.

 

Denn bei aller Sicherheit hat doch die Note auch ästhetischen Ansprüchen zu genügen. «Banknoten sind die Visitenkarten eines Landes», erinnert Coleman, britischer Staatsangehöriger und gelernter Ingenieur. Er verweist auf die neu zu kreierende und zu konzipierende 9. Serie, die im Jahre 2010 auf den Markt kommen und die Schweiz als innovative, eigenwillige Nation präsentieren soll. Coleman sieht dem neuen Geld mit Spannung aber auch Nervosität entgegen. Auf dem smarten Chefprinter lastet eine Riesenverantwortung.

 

Cooler gab und gibt sich Coleman beim Gerede über das bargeldlose Zeitalter, das selbst ernannte Zukunftsforscher immer mal wieder herbeizitieren. «Bargeld erfreut sich sogar zunehmender Beliebtheit» sagt Coleman und weist auf die weltweite Zuwachsrate von jährlich einem Prozent. Jährlich sind in der Schweiz cirka 276 Millionen Banknoten im Umlauf, was einem finanziellen Wert von rund 37 Milliarden entspricht. Der Vorteil gegenüber dem Plastikgeld liegt auf der Hand: Anonymität. Dafür nimmt die Lebenserwartung einer Banknote - ganz entgegen dem Trend bei uns Menschenbürgern -  stetig ab. War die 5. Serie (1939 – 1969) noch 30 Jahre lang im Umlauf, brachte es die 6. Serie (1970 – 1993) noch auf 23 Jahre und die jetzige 8. Serie (1994 – 2010) auf lediglich 15 Jahre. Dies zum Ärger der Fälscher: Je häufiger das Dessin einer Note ändert, desto mühsamer wird es für sie. Gemäss Statistiken der Bundeskriminalpolizei werden immer weniger Frankenblüten hergestellt beziehungsweise konfisziert. Während es im Jahre 2003 noch knapp 21’000 Stück waren, waren es im Jahre 2005  nur noch rund 5'700 Banknoten.

 

Geld – manche glauben, damit liesse sich Glück erkaufen, Träume realisieren. John Coleman schaut irritiert, wischt die 20er Note lächelnd vom Tisch und stellt eine besondere Neigung oder gar Gier zum Wertpapier glaubwürdig in Abrede. «Wissen Sie, Geld bedeutet mir nicht sehr viel. Es hält die Volkswirtschaft aufrecht.»