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Magazin Schulinfo

ZUSAMMENARBEIT

Heidi Ambiel (Fotografie)

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

13.7.2012

«WIE ES DA ZUR SACHE GING!»

 

Welche Bedeutung der Schulsport hat, hängt nicht nur von der Anzahl Lektionen ab, sondern mindestens so sehr von der Begeisterungsfähigkeit des Sportlehrers - findet Felix Jaray vom Zuger Amt für Sport.

 

Im Kanton Zug wird Sport stets als unverzichtbares Element der Bewegungs- und Gesundheitserziehung bezeichnet. Trotzdem gibt es bis heute keinen Lehrplan für das Schulfach Sport. Warum?
Weil dies in Zug und vielen anderen Zentralschweizer Kantonen nie vorgesehen war. Stattdessen gaben die Turninspektoren jahrelang eine Orientierungshilfe und ein nationales Lehrmittel ab und bestimmten Kraft ihres Amtes, welche Ziele die Turnlehrer mit den Kindern und Jugendlichen erreichen sollten. Mit der Aufhebung der Turninspektoraten kam es 2010/11 zur Einführung des Übergangslehrplans Sport. Dieser gilt nun, bis der Lehrplan 21 in Kraft tritt.


Im Rahmen der Revision des Sportförderungsgesetzes hat das eidgenössische Parlament im Juni 2011 beschlossen, dass bis zur 9. Klasse schweizweit mindestens drei Lektionen Sport pro Woche stattfinden müssen. Ein guter Entscheid?
Ja und Nein: Positiv ist, dass damit mindestens 3 Stunden pro Woche in der Schule geturnt wird. Eher negativ fällt ins Gewicht, dass durch die nun beschlossene Vorgabe auf Bundesebene das Fach Sport zum Sonderfall wird. In allen anderen Schulfächern wird die bei den Kantonen liegende Bildungshoheit respektiert. Wenn schon, sollten die kantonalen Bemühungen nicht auf die Garantie des 3-Lektionen-Minimums abzielen, sondern dahingehend verlaufen, dass die tägliche Bewegungs- und Sportstunde in der Schule Realität wird.


Die meisten Schulen – wie auch Walchwil – sind über das 3-Lektionen-Obligatorium hinaus aktiv, nehmen an Kantonalen Schulsportanlässen teil, organisieren Sommer- und Wintersporttage, Herbstwanderungen und Wintersportlager. Wie sportbegeistert erleben Sie die Zuger Schulen?
Das ist stark von den Lehrpersonen abhängig. Walchwil ist ein Vorzeigebeispiel. Die Begeisterung der Lehrpersonen für den Sport färbt hier 1:1 auf den Schulalltag ab. Und dies, obwohl in der Gemeinde Walchwil kein ETH- oder Uni- Sportlehrer angestellt ist, sondern das Fach meist vom Klassenlehrer unterrichtet wird.


Für das Schuljahr 2012/13 sind im Kanton Zug insgesamt zwölf Kantonale Schulsportanlässe für die Primar- bzw. Oberstufe vorgesehen. Welche Sportarten sind bei den Schulen besonders beliebt?
Fussball, Unihockey, Leichtathletik und OL kommen gut bis sehr gut an. Im Schwimmen hat der Kantonalanlass zwei Jahre lang nicht stattgefunden. Für Badminton, Volley-, Hand- und Basketball ist das Interesse unterschiedlich gross. Rugby fand dieses Jahr zum ersten Mal statt, dank dem Rugbyverein Zug, der sich unglaublich ins Zeug legte. Ich war beeindruckt, wie es auf dem Platz zur Sache ging!


Der Aufwand für die Organisation der kantonalen Schulsportanlässe ist beträchtlich. Hat man überlegt, jene Anlässe, die nicht so gut besucht sind, abzuschaffen?
Durchaus, aber seitens der Schulen und Gemeinden möchte man das Programm so beibehalten, wie es ist. Es hängt ja nicht nur vom Lehrer ab, der die Bereitschaft haben muss, mit der Klasse mitzumachen, sondern auch von der Klasse selber. In einem Jahr hat man Kinder, die super sportlich sind, im nächsten Jahr solche, die sich kaum motivieren lassen. Deshalb variiert die Zahl der Teilnehmenden von Jahr zu Jahr.


Auf Bundes- und Kantonsebene existiert eine Vielzahl von Projekten zur Sportförderung; von „fit 4 future“ über „Lernen in Bewegung“, „Purzelbaum“, „bewegte Schule“ bis hin zum „Pedibus“. Wie gross ist das Interesse im Kanton Zug an solchen Projekten und wie gross schätzen Sie deren Nutzen ein?
Viele dieser Projekte sind in den letzten Jahren aus einer gesundheitspolitischen Motivation bzw. Sorge heraus entstanden, die lautete: Die Kinder von heute beherrschen ja nicht einmal mehr einen Purzelbaum und bewegen sich viel zu wenig. Die von Ihnen genannten staatlich und privat initiierten Projekte verfolgen zum Teil ähnliche oder gleiche Ziele. Die Schulen entscheiden selber, wo sie mitwirken wollen und wo nicht. Gestartet wurden die meisten Projekte im UNO-Jahr des Sportes 2005. Da herrschte viel Euphorie und Aktivismus. Der effektive Nutzen dieser Projekte lässt sich erst langfristig ablesen.


In Zug und Baar profitieren Schulkinder von einem breiten Angebot im freiwilligen Schulsport. Wie sieht es in anderen Gemeinden aus?
Die meisten Gemeinden haben im Laufe der letzten Jahre Angebote gestartet und bauen diese je nach Bedarf aus. Sie werden von den Kindern, aber auch von den Eltern sehr geschätzt, kosten kaum etwas oder sind sogar gratis. Gar keine Angebote existieren in Oberägeri und Menzingen. In Cham und Steinhausen gibt es lediglich Schnupperkurse.


Wie konsequent wird im Kanton Zug der Schwimmunterricht in den Sportunterricht integriert? Findet er flächendeckend an den Zuger Schulen statt oder nur dort, wo ein Schwimmbad in der Nähe ist?
Seitens des Kantons gibt es nur die Vorgabe, dass jedes Kind den so genannten Wassersicherheitscheck bestehen muss. Die Umsetzung liegt in der Verantwortung der  Gemeinden. Ausser in Unterägeri findet überall mehr oder weniger regelmässiger Schwimmunterricht statt.


Sport ist unter Schülerinnen und Schülern ein oft genanntes Lieblingsfach. Unter den Lehrpersonen gilt er in didaktischer Hinsicht als besonders anspruchsvolles Fach. Warum?
Weil in einer Turnhalle oder auf einem Sportplatz eine ganz andere Dynamik herrscht als in einem Schulzimmer. Im Turnen ist die Herausforderung um eine dritte Dimension stärker. Die Aspekte Unfallgefahr und Sozialkompetenz kommen im Sport ungleich mehr zum Tragen als etwa in Mathematik oder Deutsch. Man muss als Turnlehrer für alle Situationen einen Pfeil im Köcher haben. Wenn es dann aber funktioniert, macht es viel Spass!