PUBLIKATION

Schweizer Familie
 

TEXT

Sabine Windlin

DATUM

16.2.2008

LANGSAM VERHUNGERN

 

 

Dass Fastfood fettig und ungesund ist, fantasielos schmeckt und dick macht, ist Konsumenten von Cheesburger Royal, Big tasty Bacon, Chicken Mc Nuggets und Hot Dog bekannt. Doch nur Leute, die im Coop einkaufen, wissen, welche Nahrungsmittel der weit verbreiteten Fehlernährung Abhilfe schaffen: slow food – auf Deutsch: langsames Essen. Seit der Grossverteiler sein Sortiment entsprechend erweitert hat, ist der Begriff in aller Munde.

 

Es war absehbar, dass nach «budget», «prix garantie», «séléction» und «fine food» eine neue Attraktion die Gestelle der Supermärkte erobern würde, und sei es nur aus marketingstrategischen Überlegungen. Worauf sich jedoch das Adjektiv «slow» bezog, hat sich mir bis heute nicht erschlossen: Muss man diese Nahrungsmittel langsam essen? Dauert es ewig, bis sie vom Herstellerort in der Zuger Coopfiliale angekommen sind oder bezieht sich die Langsamkeit auf das sich langsam einstellende, dafür lange anhaltende Sättigungsgefühl, welches slow food nachgesagt wird (ganz im Gegensatz zum sich schnell einstellenden, dafür nur kurz anhaltenden Sättigungsgefühl beim fast food)? Fest steht bis jetzt nur soviel: Wenn der Fastfood-Multi Mc Donalds seine Nahrungsmittel mit dem Slogan «Spar Dich satt!» bewirbt, muss für die Slowfood-Produkte umgekehrt das Motto «Ruinier' Dich hungrig!» gelten. Denn bei slow food bekommt man für sehr viel Geld sehr wenig zu Beissen.

 

100 Gramm vom «Culatello de Presidio»  - ein Schweinefleischerzeugnis zum Rohessen – kosten 23 Franken (230 Franken / Kilo). Für 100 Gramm «Bitto D’Alpe» - ein Hartkäse aus Rohmilch – blättert man 6.50 Franken (65 Franken / Kilo) hin. Dagegen mutet der Preis für die piemontesische, nach antiker Tradition hergestellter Kastanienkonfitüre ( 8.50 Franken das Glas)  geradezu billig an. Aber eben: Die «genussvolle Esskultur» und «bewusste Verpflegung», die im Zusammenhang mit slowfood immer wieder zu hören sind, soll uns etwas wert sein.

 

Wer sich das langsame Essen nicht leisten kann, vertröstet sich am besten mit der nächsten Produktelinie, die sicherlich nicht lange auf sich warten lässt: Warum nicht «fun food»? Esswaren, die uns zum Lachen bringen: Wackelpudding mit integriertem Brausepulver oder aus einer Tischbombe fliegende Ölsardinen: Motto: Mehr Spass am Frass!